Die Rheinpfalz, Nr. 166

WENN JAMES BROWN COUNT BASIE TRIFFT

Ohrenschmaus auf der Oberburg: Konzert der Blue Note Bigband - Zeitgenössischer Jazz und zeitlose Klassiker

Von unserer Mitarbeiterin Klaudia Gilcher (Foto WES)

Eine Bigband, die sich dem Jazz, der dem Ursprung nach nun einmal eine durch und durch amerikanische Musik ist, verschrieben hat und der Kultursommer Rheinland-Pfalz 2004, der unter dem Motto »Kennst du das Land...?« den Schwerpunkt auf Italien legt, gehen auf den ersten Blick kaum zusammen.

Blue note Big Band: Beyond the LimitDoch zum Glück »ist und bleibt die Sprache der Musik Italienisch«, so dass Bernd Gaudera als Leiter der Blue Note Bigband am Freitag auf Burg Lichtenberg mehr als einmal einen italienischen Bezug fand: »Subito piano, subito fortissimo konnten Sie jetzt schon beim ersten Stück gut hören.« Es hätte der Erläuterungen des einfühlsam leitenden Landesmusikdirektors freilich nicht bedurft, um das Openair-Konzert in der romantischen Atmosphäre der Oberburg bei Sonnenuntergang zu genießen: die Blue Note Bigband gilt als beste Amateurgruppe in Rheinland-Pfalz und wurde ihrem Ruf voll gerecht.

Vielleicht lag's an der Konkurrenz am Ohmbach-See, dass sich trotz dieser Brass-Musik vom Feinsten nur wenige Besucher am Freitag im alten Gemäuer niederließen. Vielleicht auch daran, dass die Neustädter Blue Note Bigband nur relativ wenige Konzerte gibt und zumindest in der Westpfalz kaum bekannt ist, welche Qualität die Truppe hat. Der Deutsche Musikrat wählte die seit 16 Jahren bestehende Gruppe im Jahr 2000 zum Beispiel zu einer der beiden besten Amateurbigbands Deutschlands. Ein fester Termin immerhin ist das Neujahrskonzert im Neustädter Saalbau, bei dem die Band jährlich mit einem Stargast den Jahreswechsel feiert. Das Besondere daran: Zwischen den Jahren gehen Band und Gastdozent in Klausur und üben von morgens bis abends.

Um diesen jährlichen Workshop zu finanzieren, verzichten die Mitglieder übers Jahr auf ihre Gage - keine Frage, dass man dieses Engagement auch hören kann. Bei den Stücken des New Yorker Saxophonisten Bob Mintzer zum Beispiel, mit dem die Blue Note Bigband mehrmals zusammengearbeitet hat.

»Stellen Sie sich einfach vor, Count Basie trifft, musikalisch gesehen, James Brown«, hat Mintzer den Neustädtern etwa beim Stück »Home Basie« hinter die Ohren geschrieben. Wie die zwei sich dann auf der Oberburg trafen, war wahrhaft ein Ohrenschmaus. Was praktisch für das komplette Programm galt, in dem die ausgezeichneten Instrumentalisten zeitgenössischen Jazz von Peter Herbolzheimer, Rainer Tempel, Bob Mintzer oder Herbie Hancock mit zeitlos schönen Klassikern wie Cole Porters »Night and Day«, Gershwins »A Foggy Day« oder unter anderem mit durch Frank Sinatra bekannt gewordenen Stücken wie »The Lady is a Tramp« oder »Lullaby of Birdland« vereinten.

»Gespielt wird, was die Band fordert, gut klingt und viele Aspekte der Bigband-Musik vereint«. Kurz gesagt: »Glenn Miller spielen wir nicht«. In wechselnden Soli sowie gemeinsam begeisterten sowohl die eingespielte Rhythmusgruppe mit Frederik Dully an der Gitarre und Pianist Jochen Scammell wie auch die Saxophon-, Posaunen- und Trompetensätze. Besonders fleißig waren und wie alle anderen immer wieder mit Szenenapplaus bedacht wurden dabei Steffen Weber am Tenorsaxophon und Jürgen Schemel an Trompete und Flügelhorn.

Bernd Gaudera selbst brillierte im zweiten Teil solo an Saxophon und Klarinette. Interessant auch die modernen Arrangements, zum Beispiel »Beyond the Limit«, das direkt nach der Pause im Dämmerlicht tatsächlich Grenzen sprengte und in reiner Bläserbesetzung fast pastoral anmutete.

Mit Analogien zu Größen wie Ella Fitzgerald sind Bands bekanntlich gerne bei der Hand, im Fall von »Micha-Ella von der Pfalz«, Michaela Pommer, hat Blue Note aber tatsächlich einen Glücksgriff getan. Ohne Dramatik, aber mit riesigem Ausdruck verkörperte sie in Höhen wie Tiefen den Klang des Jazz in seiner großen Zeit.

Es hätte der thematischen Klimmzüge zum Schwerpunkt Italien wirklich nicht bedurft: »Bravo, bravo, bravo!« trifft's dennoch.