Die Rheinpfalz, 05.10.2001, Walter Falk

Würzig und schmackhaft wie holländischer Gouda

Neustadter Formation »Blue note« eröffnet im Cotton Club mit Bigband-Jazz der Spitzenklasse neue Konzertserie

»Blue note« ist nicht nur ein bedeutendes Jazz-Label, sondern auch eine der besten Bigbands in Deutschland. So wurde sie beim Fünften Deutschen Orchesterwettbewerb im vorigen Jahr mit einem der beiden ersten Preise gekürt. Ihre Qualität stellte die Formation aus Neustadt an der Weinstraße am Mittwochabend beim Start der Bigband-Reihe im Cotton Club des Kulturzentrums Kammgarn nachhaltig unter Beweis.

Foto Blue note Big Band im Cotton Club Die Band verfügt über ein verblüffendes Swingfeeling und ihr Bandleader, der Landesmusikdirektor, Saxophonist und Arrangeur Bernd Gaudera, über ein fürwahr exzellentes Händchen. Weshalb die Formation wie holländischer Gouda wirkt: würzig und schmackhaft.

Von Herbolzheimer bis Count Basie

Auf Titel und Arrangements von modernen deutschen und europäischen Komponisten hat sie sich spezialisiert. Und vor allem das macht den besonderen Reiz der Weinsträßler aus: In erster Linie Peter Herbolzheimer ist da vertreten, aber auch der Jazzpianist Martin Schrack oder der Posaunist Ingo Luis oder der Count Basie-Trompeter Thad Jones.

Diese Titel durchpflügen sie wie weiland Napoleon das Schlachtfeld, was den Hörer zuweilen ganz schön in die Enge treibt. Eine nassforsche Art, die mit - für Amateure - großartigem handwerklichen Können vorgetragen wird und den mitreißenden Titeln eine besondere Schärfe verleiht. Die mehr als 20-köpfige Besetzung schafft es sogar, den gigantischen Ideenoutput sowie das Meer an Noten absolut stimmig zu bündeln. Flächenbrände werden da gelegt. Beispiel der Thad Jones-Titel »US«. Da leisten die Trompeter Schwerstarbeit in höchsten Regionen, die Posaunen blasen mit einer umwerfenden Flexibilität, und im Saxophon-Set laufen die Kommunikationen über Kürzel, die sich zum Ensemble-Cluster vereinen. Der Rest ist ein Starkstrom-Ostinato.

Atemberaubend, wie viele Konstellationen sich in Pat Methenys »Every Summer Night« (das äußerst selten zu hören ist) oder in Michael Breckers »Funky Sea, Funky Due« (Arrangement Peter Herbolzheimer) aus den drei Eckpunkten Gitarre (Frederik Dully), Schlagzeug (Mischa Becker) und den messerscharfen Bläsern ergeben. Brillante Wechsel zwischen Ensemble-Sound und Soli, die stets gut eingebettet sind in den Klangkörper. Wie eine Gebirgsquelle so klar ist die Trompete des Solisten Ralf »Mosch« Himmler. Einen leichten, spritzigen Grauburgunder verkörpert die Saxophonistin Sandra Scheurer. Bernd Gaudera entfaltete sein elegantes, samtiges, nuancenreiches Bouquet, während die satte Bassposaune des Bastian Greschek dem Ingo Luis-Titel »I let a Song« den schweren, gehaltvollen Körper eines Gewürztraminers verlieh. Säurebetont, kräftig-rassig und pikant wie eine trockener, rassiger Riesling entpuppte sich nach der Entkorkung die Rhythmusgruppe um die lebendig-frischen Pianisten Jochen Scamell beziehungsweise Julia Mennigmann. Vollmundig und wuchtig zudem garnierte die Sängerin Michaela Pommer den angenehm trinkbaren Verschnitt mit expressiven, manchmal sogar Satchmo-nahen Vocals. Und wenn sie im »Workaholic Blues« lamentierte, weil der »Musiker-Ehegesponst« ständig unterwegs ist, spürte man: Diese Frau mit der tiefen, voluminösen Stimme hat tatsächlich den Blues.

Info

Die weiteren Termine der Bigband-Reihe im Cotton Club: 17. Oktober »Blue Bird« aus Speyer; 21. November Uni-Bigband aus Kaiserslautern; 28. November »L.A. Reed Bigband« aus Lambertheim (Leiter: Rainer Heute); 5.Dezember Bigband-Summit mit »Straight Ahead«, immer 20.30 Uhr.